EGFS II

eggfs smallSehr geehrter Herr Minister Schäuble,

mit diesem Brief beteilige ich mich an der Aktion EGFS (“Ein Grundgesetz für Schäuble”). Was sich nach einer lustigen Sponti-Geschichte anhört, hat leider einen ernsten Hintergrund. Denn wenn ich die Berichterstattung über Ihre Positionen richtig verstehe, möchten Sie

  • im so genannten „Kampf gegen den Terror“ Aussagen von Gefolterten bei der Ermittlungsarbeit der Sicherheitsbehörden verwenden.
  • die Bundeswehr für Sicherheitsaufgaben innerhalb der Landesgrenzen einsetzen und dabei u.a. den Abschuss von Zivilflugzeugen genehmigen.
  • die Daten, die bei der Erhebung der Lkw-Maut anfallen, nicht nur – wie im Autobahnmautgesetz vorgesehen – zu Abrechnungs-, sondern auch zu Fahndungszwecken nutzen.
  • entgegen dem Beschluss des Bundesgerichtshofes eine Online-Durchsuchung von Computern durchsetzen.
  • Internierungslager für so genannte “Gefährder” errichten.
  • die gezielte Tötung von Terrorverdächtigen zulassen.

Da ein Gutteil dieser Ideen dem Grundgesetz widerspricht, das Sie mithilfe dieser Maßnahmen zu verteidigen gedenken, könnte es hilfreich sein, besagtes Grundgesetz zur Hand zu nehmen, um nachzuschauen, was dort wirklich steht – und wie es gemeint sein könnte. Ich habe dies für Sie schon mal getan und die entsprechenden Passagen markiert:

Artikel 1, Absatz 2: “Das Deutsche Volk bekennt sich (…) zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.”

Artikel 10, Absatz 1: “Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.”

Artikel 13, Absatz 1: “Die Wohnung ist unverletzlich.”

Artikel 19, Absatz 2: “In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.”

Norbert Lammert schreibt im Vorwort zur aktuellen Auflage des Grundgesetzes: “Demokratie braucht Bürger, die sich einmischen, die Verantwortung übernehmen, die Engagement zeigen. Das Grundgesetz gibt uns die Freiheit, uns für die humane Gesellschaft, wie wir sie wollen, einzusetzen. Nutzen wir diese Freiheit, jeden Tag aufs Neue.” In diesem Sinne mische ich mich ein und frage Sie:

  • Haben Sie verstanden, was im Grundgesetz steht?
  • Fühlen Sie sich an das Grundgesetz gebunden?
  • Erkennen Sie die Diskrepanz zwischen Ihren Vorschlägen und dem Grundgesetz?
  • Glauben Sie, dass sich die Grundrechte verteidigen lassen, indem man sie abbaut?
  • Können Sie mir die Stelle im Grundgesetz zeigen, wonach die Sicherheit der Bürger über ihre Freiheit zu stellen sei?
  • Haben sie nicht manchmal das Gefühl, Ihre Vorschläge könnten genau das sein, was manche Terroristen beabsichtigen?

Ich gehe davon aus, dass mittlerweile das eine oder andere Grundgesetz in Ihrem Hause vorhanden sein dürfte, lege aber sicherheitshalber ein weiteres Exemplar mit den markierten Passagen bei und freue mich auf Ihre Antwort!

PS: Da Sie mich nicht persönlich kennen, fragen Sie sich vielleicht, mit welcher Motivation – aber auch Legitimation – ich diesen Brief schreibe. Dazu möchte ich noch einmal das Grundgesetz zitieren:

Artikel 20, Absatz 2: “Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.”
Artikel 20, Absatz 4: “Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.”

Ein Gedanke zu „EGFS II

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