100 Prozent manueller Knoten

Da schließt man brav eine private Zusatzversicherung ab, weil die Rente gar nicht so sicher ist, wie das mal einer unserer Bundesarbeitsminister behauptet hat, tut dies aus Nachhaltigkeits- und Gewissensgründen selbstverständlich bei einem Ökoversicherer (ja, das gibt’s!) und – zack! – schon hat man die nächste Werbung im Briefkasten. Muss nicht sein, sage ich mir und maile folgendes:

Sehr geehrter xxxxx,

schönen Dank für Ihr Schreiben “Kapitalanlageinformation für unsere Kunden”, […]. Sie schreiben darin u.a., dass Sie unseren Briefkasten nicht unnötig mit Papier verstopfen wollen. Das ist gut, denn das wollen wir auch nicht. Nehmen Sie uns daher bitte aus Ihrem Verteiler, in den wir uns meines Wissens nie eingetragen haben. Senden Sie uns bitte auch keine elektronische Post oder sonst irgendwelche Informationen zu. Vielen Dank.

Knapper und deutlicher geht’s wohl kaum, denke ich, und gehe davon aus, dass sich die Gegenseite darüber freuen müsste, schon wieder Porto gespart zu haben. Das tut sie wohl auch, denn kaum ist eine Woche um, schon kommt die elektronische Antwort:

Sehr geehrter xxxxx,

vielen Dank für Ihre mail. […]

Wir informieren unsere Kunden einmal im Jahr über den Umfang und die Zusammensetzung unserer Kapitalanlagen – dieses Flyer haben Sie von uns Anfang November erhalten.

Ich werde versuchen, Sie manuell im Verteiler für das Jahr 2008 sperren zu lassen. Da der Versand aber automatisiert ist, kann ich dies leider nicht zu 100 Prozent versprechen.

Mit freundlichen Grüßen

i. V. xxxxx
Leiter Marketing/Kommunikation
xxxxx Lebensversicherung AG

Das ist toll. Hier kümmert sich der Leiter des Marketings und der Kommunikation persönlich darum, mich vor papiernem Unbill zu schützen. Manuell. Weil der Versand ja automatisiert ist. Vermutlich steht da so ein Computer, in dem irgendwo die Daten gespeichert sind, die irgendeine Sekretärin eingeben hat, als ich in ihren Verein eingetreten bin. Und jetzt spuckt der Computer, weil ihm das irgendein Programmierer mal befohlen hat, Jahr für Jahr im November eine Liste mit Etiketten aus, die dann die Sekretärin und der Leiter des Marketings und der Kommunikation persönlich auf Briefumschläge kleben, in die sie dann ihre Informationsschreiben stecken, Briefmarken draufpappen und an meinereins schicken.

Und nächsten November, wenn die Sekretärin und der Leiter des Marketings und der Kommunikation persönlich wieder am Etikettenkleben sind, wird er sich daran erinnern wollen, dass ich ihm einst schrieb, er möge meine Adresse entfernen. Zu diesem Zweck macht er sich schon heute einen Knoten ins Taschentuch, das er dann – es ist schließlich November und Naseputzzeit – sicherlich gebrauchen wird, dabei an mich denkt und – schwupps! – schon ist mein Etikett herausgesucht und aussortiert.

Dass er das nicht 100prozentig garantieren mag, verstehe ich gut. Schließlich ist es durchaus möglich, dass seine Gattin (oder gar er selbst) das Taschentuch in der Zwischenzeit wäscht, weichspült, bügelt und anschließend vergisst, den Knoten wieder reinzumachen. Sowas kann nun mal passieren. Da hilft auch kein Computer.

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