Die strengsten Eltern der Welt

Da ich demnächst für ein anderes Projekt eine Live-Blogging-Geschichte machen möchte, dachte ich, es wäre schlau, vorab schon mal zu üben. Dass ihr jetzt drunter leiden müsst, tut mir leid, aber sonst ist hier niemand.

Zum Üben habe ich mir “die strengsten Eltern der Welt” auf Kabel Eins ausgesucht. Nie was von gehört. Nie gesehen. Kind im Bett, Frau beim Sport, fertig gespült. 20.15. Und schon geht’s los.

Yvonne (17), Köln, vertrödelt den Tag und bricht die Regeln ihrer Mutter. Die soll jetzt gepimpt werden.

Michel (16), Berlin: “Was die anderen denken, ist mir egal.” Lebt bei der Oma und braucht ziemlich lange im Bad und beim Telefonieren. Das nervt. Außerdem ist er ignorant und findet, dass er gut aussieht. Außerdem will er die ganze Welt mit seinem Style (Halb-Iro und Schmuckscheiß und so) beglücken.

Beide kommen jetzt nach Griechenland zu Iannis und Iohanna, griechisch-orthodoxe Auswanderer, Ex-Biker. Sie stehen auf “harte Arbeit” und “feste Regeln”.

Yvonnes Mama weint noch ein bisschen und schon ist Yvi weg.

Ui, das war eine kompakte Einleitung. Jetzt Werbepause. Puh. Mal gucken, ob’s im Netz irgendwo ein Bild zur Sendung gibt … Hm, hier ist eins:

eltern1

Die Kabeleins-Seite ist lauselangsam. Huch, Werbung zu Ende. Michel wird noch von der Oma geknutscht und verabschiedet sich mit kargen Worten.

In Tegel treffen sich “die Zicke Yvonne” und “der Paradiesvogel Michel”. Dann vier Stunden Flug bis Saloniki, dann stylen und saufen und schließlich mit dem Auto nach Ouranopolis.

Michel und Yvonne beschließen, sich nichts gefallen zu lassen. Sie kommen an und freuen sich noch über das tolle griechische Haus – bis sie die Tür öffnen. Das wird lustig: Iannis (Ex-Drogenfahnder) sieht aus wie Gandalf und verkündet gleich mal die Regeln: Kein Alkohol, keine Zigaretten, kein Handy. Außerdem fasten sie gerade. Es gibt keine Wurst, kein Fleisch, kein Käse, nur Obst und Gemüse. Hihi. Michel meint, er sei beim Bund gelandet.

Yvonne zickt rum und kriegt gleich den ersten Anschiss und verliert die erste Machtprobe. Auf dem Zimmer wird noch ein bisschen geheult und dann geschlafen. Bis 6 Uhr 30. Hihi.

Yvonne: “Wo sind meine Eltern?”

Michel hat nur 10 Minuten im Bad und das ist zuwenig, weil er sonst zweieinhalb Stunden braucht.

Frühstück gibt’s aus dem Garten. Dazu Musik. “Peter Lustig”. Hihi. Die beiden ekeln sich vor dem Kompost.

Nächste Machtprobe: Sonnenbrille. Dann ne heimliche Fluppe. Die Ökos merken noch ncihts.

Jetzt geht’s auf den Markt zum Oktopus kaufen. Lecker. Yvonne muss schier übern den Markt speien. Zuhause wird das Viech ausgenommen und die Teenies dürfen probieren, ob sie ihm den Kopf abschneiden können.

Dann legen sich die beiden kurz in die Sonne. Ionna erwischt sie. Und findet außerdem die Fluppen. Jetzt ist abe

Mist, Telefon klingelt, ich muss ran, dass die Kleine nicht aufwacht.

Mittlerweile ist Michel am Holzhacken und man hat ernsthafte Angst, dass er sich dabei verletzt.

In der Mittagspause machen die beiden Kids die Fliege und flüchten ins Dorf, um sich wieder mit Nikotin und Alkohol einzudecken. Die Gasteltern “sind ratlos”, weil sie Angst haben, dass sie in eine Schlucht gestürzt sind.

Iannis findet die beiden im Dorf und jetzt gibt’s Konzigwensen: Ab in den Steinbruch zum Steineklopfen.

Stimme aus dem Off: “Michel scheint zum ersten Mal zu verstehen, dass das Leben leichter sein kann, wenn man sich an Regeln hält.” Genau, gib’s ihm, Iannis, alter Drogenhund!

Zur Belohnung darf Michel den Esel streicheln. “Es war toll.” Gitarrenmusik. “Michel hat’s geschafft. Er hat den Esel gestreichelt.” Super, das Konzept ist aufgegangen. Diese griechisch-orthodoxee Pädagogik ist voll der Hammer.

Werbepause. Ich hör jetzt auf. Ist ja wie Steineklopfen, dieses Livebloggen. Jetzt habe ich mir ein kühles Hefeweizen auf der Terrasse verdient. Morgen schaue ich mir den Schmonz nochmal an, den ich gerade verzapft habe.

Darf ich die Tippfehler eigentlich rausmachen? Empfehlungen in die Kommentare!

Nachtrag 26.6.:
Gelernt:

  • Aktion besser vorbereiten (z.B. vorher mal einen Blick auf die Webseite werfen, dann stellt man nämlich fest, dass die Sendung nicht unter “Serien” zu finden ist, sondern unter “Doku und Reportage”)
  • kleine Einführung zum Thema schreiben (vielleicht gibt es ja Leute, die diese Sendung noch nie gesehen haben und wahrscheinlich trifft das auf alle Leser dieses Blogs zu)
  • ein paar Bilder vorbereiten
  • rechtzeitig vor der Glotze hocken (und nicht erst Punkt 20.15 einschalten)
  • dafür sorgen, dass jemand anders ans Telefon geht

eltern2

Nachgeholt:
Das Konzept der Sendung (Untertitel: “Bisher waren sie das Problem … jetzt haben sie eins!”):
“Was diese Kinder benötigen, sind Regeln und Werte, die ihnen ihre Eltern so nicht mehr vermitteln können.”

[Aber das Fernsehen!]

“‘Die strengsten Eltern der Welt’ bieten hier eine neue Möglichkeit: In jeder Episode werden verwöhnte oder verzogene Jugendliche zu einer Familie geschickt, die fernab der Heimat in völlig anderen Umständen lebt (…). Dort werden die Teenies mit neuen Werten, Traditionen, Religionen, aber auch mit Strenge und Disziplin konfrontiert!”

[Ich meine, man könnte das Konzept erweitern und verwöhnte und verzogene Neonazis, Bänker oder Familienministerinnen z.B. nach Neuguinea schicken, um sie dort zu läutern.]

“Die Rückkehr: Hat sich etwas verändert? Nach zehn Tagen zeigt sich zuhause: Was haben die Teenies gelernt? Wie betrachten sie jetzt ihre vermeintlich strengen Eltern? Sind sie geläutert, haben sie neue Vorsätze, wollen sie sich ändern? All dies zeigt sich nach ihrer Rückkehr …”

[Die ich mir nicht mehr angeschaut habe. Dafür werde ich die Rückkehr der Familienministerin mit Argusaugen beobachten.]

Die Kritik:
Das Konzept der Sendung ist offenkundig. Die verzogenen Teenies liefern in den Vorabgesprächen Steilvorlagen, weil sie sich zum einen extrem unsympathisch präsentieren und zum anderen durch ihre Aussagen (“Natürlich werde ich da rauchen, die können mir gar nichts verbieten!”) die Fallhöhe vergrößern. Umso mehr freut sich dann der durchschnittliche Bundesbürger, der abends von seiner Arbeit nach Hause kommt (und vielleicht heimlich davon träumt, sich auch mal wie Sau zu benehmen), wie die verzogenen Gören in den Senkel gestellt werden. Das ganze ist zwar so durchschaubar, dass man die pädagogische “Doku” auch mit Laienschauspielern drehen könnte …
Oh, ich höre gerade, sie wurde.